Wanderfahrt Donau 2010

Donau-Wanderfahrt 2010 von Ulm nach Passau

Die heißeste Ruderstrecke der Welt.

Am Samstag den 10.7. startete unsere Crew mit Gisela Amend, Susann Marzona, Steffi Barthel, Michael Mayer-Marzona, Jochen Flebbe und Christian Fuchs mit der frisch lackierten Gipsmühl im Anhänger nach Ulm. Unser Ziel war der Donau Ruderclub Ulm. zukünftiges Ruderleistungszentrum Baden Württemberg. Hier waren wir also richtig. Der Ulmer Wanderwart, Herr Jakob empfing uns sehr freundlich und zeigte uns das neue Gebäude, das wir fürs Nachtquartier bezogen. Vor einem ausführlichen Altstadtrundgang kühlten wir uns noch in der hier flott fließenden Donau ab.

Sonntag morgens. Kaum zu glauben, aber der Ruderbetrieb beginnt hier bereits vor dem Kirchgang ab 6:00 Uhr. Während das hessische Team sich noch den Schlaf aus den Augen rieb, kamen einige Ulmer Ruderer schon vom Training zurück. Nach dem Frühstück reihten uns in die Schlange am Steg an und gingen aufs Wasser. “ Die Donau wird euch nicht helfen“ sagte Herr Jakob noch beim Abschied. Dieser Satz sollte sich bewahrheiten. Nach drei Kilometern kam die erste von 6 Schleusen an diesem Tag. Doch die war leider außer Betrieb. Uns blieb nichts anderes übrig, als das Boot um zutragen. Ab jetzt sollten wir dann keinem weiteren Boot mehr begegnen. Die Temperatur kletterte auf über 35 °C, der Fluss stand und ca. alle 6 km mussten wir schleusen. Der Wasserverbrauch lag bei 3 – 4 Litern pro Tag und Person. Alles wurde rausgeschwitzt, Pinkelpausen brauchten wir keine. Abends, nach 43 km, wurden wir dafür mit Blasmusik und Trachtenaufzug in Lauingen empfangen. Schwimmen, Duschen und dann ab in den Biergarten, wo wir uns erholten von dem Tag und den Spaniern und Niederländern beim Schwitzen zuschauten. Endspiel WM. Nicht jedoch für uns.

Am nächsten Morgen ging es weiter nach Donauwörth. Die Donau hatte immer noch nicht die Strömung, die wir gerne gehabt hätten. Dafür viele Schwäne, hin und wieder mal ein toter Fisch, und eine Gefahr, die wir am Main nicht kennen. (Pferde-) Bremsen, und das nicht zu knapp. Ruder halt, und dem Vordermann /der Vorderfrau auf den Rücken schlagen. Hier wäre ein Riemenboot von Vorteil. Vor Donauwörth mussten wir hart Backbord in die Wörnitz. Ein kleines Flüsschen mit wenig Wasser aber vielen Störchen am Ufer. Nach ca. 2 km erreichten wir den Kanuclub, wo Boot und Hänger übernachteten, während wir die Jugendherberge Donauwörth aufsuchten.

Als erfahrener Steuermann übernahm Jochen am Dienstag morgen die Steuerleine um die Untiefen und Strudel in der Wörnitzmündung zu umschiffen, was trotz Ausfall des vorderen Bootsteiles gut gelang. Ca. 10 km vor Ingolstadt verdunkelte sich für die Rudernden von achtern zunehmend der Himmel, während Steffi, die Steuerfrau sorglos nur den sonnigen Himmel vor uns über Ingolstadt sah. Wir wurden schneller, 13 Schläge auf 200 Meter. Es wurde dunkler, Regenvorhänge rückten immer näher, bis urplötzlich der Wind auf gefühlte Windstärke 8 – 9 auf drehte. Es begann aus Eimern zu schütten, zu blitzen und zu donnern. Das bis dahin ruhige Wasser wurde zu einer wütenden See. Neptuns Tochter (unsere Steuerfrau) konnte sich nur noch an der Silhouette eines einsamen Ruderers orientieren, der uns den Weg zum Bootshaus weisen sollte. Das Boot wurde von allen Seiten befüllt. Endlich kam der Steg in Sicht und wir erreichten eine Minute von dem sicheren Untergang das rettende Ufer. Fünf Minuten später schien die Sonne, als wäre nichts gewesen.

Weiter am nächsten Morgen nach Kelheim. „Die Donau wird euch nicht helfen“. Recht hatte er, der Herr Jakob. Es ging zäh voran. Einzige Begegnung: gelangweilte Soldaten in Militärschlauchbooten. Temperatur 35°, Wind und Strömungsgeschwindigkeit gleich null, Bremsen im Übermaß. Nach der Staustufe Vohburg dann mehr Strömung. Es ging flotter vorwärts.

Pause bei Neustadt. Hier war so viel Strömung, dass wir uns ins Wasser stürzten und uns 500 m flussabwärts treiben lassen konnten. Ein tolles Badevergnügen im frischen Donauwasser. Gut erholt ging es flott weiter zum Kloster Weltenburg, wo wir das berühmte Klosterbier verkosten mussten. Ab hier waren viele Kanus, Kajaks und auch Schlauchboote auf dem Wasser. Weiter ging‘ s durch die berühmte Weltenburger Enge, den Donaudurchbruch,. Hier verläuft die Donau in engen Kurven durch eine Schlucht, vorbei an interessanten Felsformationen, Stränden und Steilwänden. Zum Glück hatten die Ausflugsdampfer schon Feierabend so dass wir gefahrlos bis zum Tagesziel Kelheim-Herrensaal weiterkamen. Für Steffi war hier die Wanderfahrt  zu Ende. Für uns gab es zur Abwechslung mal eine Übernachtung im Stroh auf dem Bauernhof Poschenrieder.

Der nächste Tag wurde ruhiger. Wir fuhren zwar auf Lücke, dafür lagen nur 25 km Strecke bis Regensburg vor uns. Ab Kelheim wird die Donau zur Bundeswasserstraße und schiffbar. Der Rhein-Main-Donau Kanal verbindet hier das Schwarze Meer mit dem Atlantik, das erste Motorschiff, die „Bettmeralp“ wurde auch schon im heimischen Ruderrevier häufiger gesichtet. Mein Vorschlag, doch nach Hause zu rudern, wurde mit 4 Stimmen gegen meine abgelehnt. Die Landschaft vor Regensburg wird mit ihren Bergen und Wäldern wieder abwechslungsreicher. Bemerkenswert waren die kleinen Fähren, die als Hochseilfähren betrieben werden, und häufig noch aus Holz gebaut sind. Von Weitem haben sie eine gewisse Ähnlichkeit mit den venezianischen Gondeln. In Matting machten wir eine zünftige Brotzeit im Zunftstüberl, einem schönen Biergarten, den man nicht auslassen sollte. Am frühen Nachmittag erreichten wir den Regensburger Ruderverein. Interessant, dass zwei Rudervereine zusammen unter einem Dach in einer Art Doppelhaus untergebracht waren. Wir logierten in der Steuerbordhälfte. Nachmittags war ruderfrei, wir zogen in die Stadt, wo wir einen ausführlichen Stadtrundgang machten. Regensburg, das Florenz des Nordens beeindruckte uns mit seinem gut erhaltenen mittelalterlichen Zentrum. Auf der „Steinernen Brücke“ studierten wir den berüchtigten Regensburger Strudel und die Strömung, um für den nächsten Tag die Ideallinie zu finden.

Straubing heißt unser nächstes Tagesziel. Ich hatte Landdienst und fuhr den Hänger schon mal vor. Dabei nutzte ich die Gelegenheit zum üben: Rückwärts fahren mit Hänger. Gar nicht so leicht. Mittags Landdienstwechsel an der Schleuse Geisling. Wir durften durch die riesig große Schleuse. Ab hier gibt es keine Sportbootsschleusen mehr, nur noch Umtragemöglicheiten, immerhin mit Bootswagen. Der Fluss hatte nach der Schleuse etwas Strömung, die sich nach 2 Kilometern wieder auf Null reduzierte. Badepause und Abkühlung. Weiter bei sengender Sonne. Das Wasser wie Blei. Wir ziehen, ohne das Gefühl zu haben, voranzukommen. Das Schwarze Meer drückt von vorn, jedenfalls fühlte es sich so an. Wir sehnen nur noch das Ziel herbei. Die Stimmung kippt. Wir riefen Susann, unseren Landdienst an, Sie sollen was zu trinken und ein paar Pizzen besorgen, da wir unmöglich vor 21 Uhr Straubing erreichen würden. Susann war leider nach einem Begrüßungsbier in Straubing nicht mehr fahrtüchtig und konnte unsere Wünsche zwar verstehen, aber nicht erfüllen. Shit happens. Plötzlich kommen wir an eine Schleuse, wo laut Plan keine sein sollte. Wo waren wir? Wir fragten einen Herrn, der an der Mole stand. Wir würden schon erwartet und seien schon in Straubing. Wir sollten uns einen Bootswagen nehmen und könnten das Boot ca. 800 m direkt zum Ruderclub schieben. Gerettet. Beim Bier und Schnitzel ließen wir den strapaziösesten Tag der Tour hinter uns.

Vilshofen, wir kommen. Beim Ablegen überlegte sich Michael, ob er nicht doch mit rudern sollte. Den Wagen würde er später holen. Eine gute Idee nach dem Tag vorher, zumal uns für heute die längste Etappe von ca. 70 km bevorstand. Schnell waren die Skulls in den Dollen und ab ging‘ s, endlich wieder mit voller Besetzung. In Deggendorf machten uns viele Motorsportboote (wieso eigentlich Sport?) das Rudern schwer. Dafür half ab Deggendorf die Strömung, so wie wir es uns für die ganze Fahrt gewünscht hätten. Kurz nach Deggendorf stieg Michael aus, um den Wagen mit Hänger  zu holen. Mittlerweile kühlte die Temperatur auf ca. 20° herunter, was uns sehr angenehm war nach den heißen Tagen davor. Gegen 19:30 Uhr erreichten wir dann endlich Vilshofen und freuten uns auf die warme Dusche. Dort die Freude währte nicht lange. Der RC Vilhofen befand sich gerade im Umbau und die Duschen waren außer Betrieb, nur eine Gardena-Gartendusche (mit anfangs 2 m warmen Wasser) stand uns (fast) auf der Landebahn des benachbarten Kleinflughafens zur Verfügung. Na, ja, das ging dann ruckzuck.

Sonntags nur noch schlappe 20 km nach Passau. Locker ging’s morgens ans Boot, wir spuckten in die Hände und 2 Stunden später waren wir in Passau an der Schleuse. Schnell den Wagen mit dem Hänger geholt, das Boot ausgehoben, aufgeladen und dann mal richtig duschen im RC Passau, direkt am Inn, am Sperrwerk gelegen. Michael hatte uns hier angemeldet, so dass wir frisch geduscht und geföhnt, in Zivil zum Ruderfahrtsabschlussessen in Passau einkehrten.

Eine Reise über 358 Ruderkilometer, mit 20 Schleusen, 8 Übernachtungen, Unmengen Liter Trinkwasser, 2 Tuben Hirschtalg, 3 Flaschen Sonnencreme, ??? Liter Bier, Schnitzel und. Brathendl. ging hier zu Ende. Die Durchschnittstemperatur betrug mindestens 33,6°C, die Fließgeschwindigkeit der Donau im Schnitt unter 0,5 km/Std.

Christian Fuchs

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Beispiel einer guten Wanderfahrt- Planung