Würzburg – die Jagd auf die Bocksbeutel

Würzburger Wein schmeckt auch nicht schlecht. Aber es geht ja um Sport, ums Rudern, um den Wettbewerb. RC Nassovia in Renngemeinschaft mit FRG Nied erfolgreich.

Jedes Jahr Mitte Oktober steht die Langstreckenregatta in Würzburg auf dem Regattakalender, bei der neben den üblichen Radaddelchen auch um die begehrten Bocksbeutel Weinflaschen gerudert wird. Man könnte also meinen, für Damen und Herren im fortgeschrittenen Alter bräuchte es Wein als Lockmittel, denn nach der Moselregatta waren auch bei der jetzt anstehenden Würzburger Regatta Riesling-Weine in grünen Flaschen das außersportliche Ziel. Am 17.10.2015 ging es also nach Osten, bei schönem Herbstwetter und ohne Staus, weil – zumindest für kurze Zeit – die A 3 mal ohne Baustellen befahren werden konnte. Gerudert wird bei Würzburg auf dem begradigten Main 4,5 km ohne Wende. Die Boote werden im 10 Sekunden Abstand gestartet. Der Begriff „begradigt“ ist allerdings nur relativ zu verstehen. Insgesamt würde ich die Strecke eher als geschlängelt bezeichnen.

Zuerst starteten Deddy Glitsch, Rüdiger Dingeldey sowie Bernd Ravens und Martin Wolters (beide FRG Nied) im Masters Männer Vierer-ohne Altersklasse D gegen ein Boot des Frankfurter Ruder Club (FRC). Das Angebot war eine Neuerung. Bisher hatte man ungesteuerte Riemenboote nicht im Programm. Schön, dass hier geändert wurde. Der Start verzögerte sich um ca 15 Minuten wegen einem Schiff, das eigentlich vor der Schifffahrtspause den Main passieren sollte, aber wer kann schon tausend Tonnen Stahl etwas entgegenstellen. Die vier Recken legten sich mächtig ins Zeug als der Start endlich freigegeben wurde. Es gelang nicht nur den zuvor gestarteten FRC einzuholen und vorbei zu rudern. Es konnte bzw. musste sogar auch das Schiff passiert werden, dass die Startverzögerung hervorgerufen hatte. Das durch das Schiff etwas strudelige Wasser sollte aber nicht die einzige Herausforderung bleiben. Ca. 500 m vor dem Ziel kurz nach der Fußgängerbrücke und einer Kurve hatte sich die DLRG so ungünstig mit ihrem Motorboot platziert, dass es beinahe zu Kollisionen mit im Rennen befindlichen Booten kam. Erst nach ca. 20 Booten und Brüllattacken der Zuschauer von der Brücke lösten sie ihren Anker und fuhren näher ans Ufer. Unser Boot passierte die DLRG zum Glück ohne bremsen zu müssen, einige andere Boote mussten ausweichen bzw. teilweise in letzter Sekunde komplett abbremsen, vorbeifahren und neu anschieben – so z.B. auch der FRC. Allerdings hatte die Mannschaft um Deddy Glitsch ihre Arbeit bis dahin so deutlich verrichtet, dass es am Endergebnis nichts änderte. Sieg für Nassovia/Nied in 15:33 Min. vor dem FRC (17:09 Min.).

Mittags ging es dann für Wolfgang Becker und Sascha Ravens (FRG Nied) im Masters Männer Doppelzweier Altersklasse B an den Start. Die Gegner waren eine ambitionierte Rgm. aus Bad Lobenstein/Leipzig sowie eine Kombination aus Kassel/Höxter. Wie die Regattasprecherin recherchiert hatte und es den Zuschauern mitteilte, ging es für Wolfgang und Sascha um den Hattrick, da die beiden in den zwei vorangegangenen Jahren in diesem Rennen gewonnen hatten. Sie gaben wie immer alles, ruderten einen konstanten 30er Schlag, überholten auf der Strecke ein vor ihnen gestartetes Boot und hätten kurz vor dem Ziel im Endspurt sogar fast noch ein zweites eingefangen. Doch wie heißt es im Fussball immer: Serien sind da um gebrochen zu werden. Auch die Jungs aus Bad Lobenstein/Leipzig waren sehr schnell und gewannen das Rennen schließlich in 15:22 Min. vor uns (15:36 Min.) und Kassel/Höxter (16:30 Min.). Hattrick misslungen, nächstes Jahr ein neuer Anlauf – das haben Wolfgang und Sascha versprochen.

Am späten Nachmittag kam es dann im Masters Männer Achter Altersklasse C zu einer neuerlichen Begegnung mit unseren Dauer-/Lieblingsgegnern in dieser Bootsklasse aus Speyer. Zur Erinnerung: In Offenbach-Bürgel im Sommer auf der 1000m Strecke hatten wir sie deutlich geschlagen, allerdings waren sie da wohl nicht in DER Stammbesetzung am Start. Zu den Doppelstartern Bernd, Rüdiger, Martin, Deddy, Wolfgang und Sascha gesellten sich noch Carsten Burk (FRG Nied) und Schlagmann Stefan Ehrhard sowie Steuerfrau Gisi Taeuber-Ravens. Da Speyer zwei Startnummern vor uns startete, gab es für uns keinen Sichtkontakt auf der Strecke und es hieß nach Gefühl bis ans Limit gehen. Auf der Strecke überholten wir die vor uns gestartete Rgm. Hameln/Rinteln und ab der Fußgängerbrücke ca. 500m vor dem Ziel zog Stefan die Schlagzahl im Endspurt noch einmal auf 36 hoch. Für Sascha, der diesmal auf der ungewohnten Backbord Seite ruderte, eine Tortur: „Nur keinen Krebs fangen und schön im Rhythmus bleiben.“ waren seine Gedanken, die jeder, der schon im Mannschaftsboot gerudert ist, nachvollziehen kann. Das Ergebnis dieser Tortur: Speyer (14:18 Min.) gewann knapp vor uns (14:24 Min.), Dritter Rgm. Breisach/Rheinfelden/Mannheim (14:37 Min.), Vierter Rgm. Hameln/Rinteln (15:17 Min.) und Fünfter Rgm. FRV/Griesheim/ORV/Rheno-Franconia (15:45 Min.).

Nach der Regatta ist ja bekanntlich vor der Regatta. Oft denkt man, wollen wir in diesem Jahr eigentlich wieder an bekannte Regattaorte fahren, wollen wir überhaupt fahren? Stimmt der Trainingszustand? Konnte die Mannschaft ausreichend oft genug zusammen rudern? Bleibt das Fazit des Regattabesuchs in Würzburg: Es hat wieder Spaß gemacht, die anderen Mannschaften können auch rudern und trainieren ganz offensichtlich, man kann daher nicht immer und alles gewinnen aber: spannende Rennen gegen starke Gegner stacheln uns noch mehr an. Dieser Enthusiasmus trägt uns weiter, so dass wir dann hoffentlich gut genug vorbereitet sind für den Baselhead am 14.11.

(SRav / RüDi)